Erfolgsgeschichte: PROFINET Diagnose im E-Commerce-Bereich
16.09.2020Die zeitkritische Bearbeitung von Bestellungen und reibungslose Logistikprozesse gehören zu den Grundsteinen jedes erfolgreichen Onlinehändlers. Doch was tun, wenn sporadische Störungen auftreten und die Produktivität gefährdet wird?
Bereits seit Jahren boomt der Bereich des Onlinehandels. Dank zunehmender Automatisierung im Bestell- und Versandprozessen werden E-Commerce-Unternehmen immer leistungsfähiger. Gleichzeitig steigt der Druck, Bestellungen schnellstmöglich und reibungslos zuzustellen.
Um diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, gilt es in der Praxis vermeintlich diverse Hindernisse zu meistern. Ein oft unterschätztes ist hierbei das industrielle Netzwerk, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht.
Die Ausgangssituation
Bei einem der weltweitführenden E-Commerce-Unternehmen kam es in einem seiner indischen Lager-/Logistikzentren zu wiederholten Ausfällen der eingesetzten SINAMICS-Steuerung. Diese sorgten mehrfach für Verzögerungen auf den Fördersystemen und bei der Verteilung auf verschiedene Versand- und Lieferfahrzeuge. Besonders in den Hauptferienzeiten kam es immer wieder vor, dass die Förderanlagen im Dauerbetrieb ausfielen. Die pünktliche Zustellung der bestellten Waren konnte dadurch nicht mehr gewährleistet werden.
Der Kunde konnte die sporadischen Ausfälle zunächst auf zeitweilige Kommunikationsprobleme zwischen Antrieben eines seiner PROFINET-Netzwerke zurückführen. Eine dauerhafte Entstörung war jedoch nicht möglich. Zur nachhaltigen Behebung der Ausfälle wurde der indische Indu-Sol-Partner Utthunga herangezogen.
Die Fehlersuche und Entstörung
Um die genauen Ursachen der Kommunikationsfehler zu diagnostizieren, wurde durch Utthunga zunächst eine PROFINET-Netzwerkdiagnoselösung von Indu-Sol beim Kunden installiert. Durch das in insgesamt viel Lagerhäusern installierte PROFINET-Diagnosetool konnten die Ursachen identifiziert werden. Diese waren:
- Linientiefe entsprach nicht dem PI-Standard
- Netzwerk wurde gelegentlich mit Datenpaketen überlastet
- Fehlende industrietaugliche Switches und Verbindungen
Störquelle: Linientiefe
Die normale Linientiefe für eine Aktualisierungsrate von 2 ms sollte nicht mehr als 14 Geräte überschreiten (lt. PROFINET Richtlinie, entsprechend zu Leitungslänge). Im Fall des Kunden erzeugte die Linientiefe von 24 Geräten eine Kommunikationsverzögerung (Jitter). Dadurch kam es zeitweilig zum PROFINET-Kommunikationsausfall.
max. Linientiefe bei "Store-and-Forward"-Switches
Aktualisierungsrate | 1 ms | 2 ms | 4 ms | 8 ms |
Linientiefe | 7 | 14 | 28 | 58 |
max. Linientiefe bei "Cut-Through"-Switches
Aktualisierungsrate | 1 ms | 2 ms | 4 ms | 8 ms |
Linientiefe | 64 | 100 | 100 | 100 |
Störquelle: Netzlastverhältnis
Zusätzlich störte unbekannter TCP/IP-Datenverkehr die PROFINET-Kommunikation im Netzwerk. Eine angeschlossene HMI-Konsole und ein kamerabasiertes Überwachungssystem (CCTV), welche über das PROFINET-Netzwerk kommunizierten, sorgten für eine zeitweise Überschreitung des Netzlastverhältnisses. Um die PROFINET- und IP-basierte Datenkommunikation besser analysieren zu können, wurde ein weiteres Diagnosegerät installiert. Durch den Einsatz des PROFINET INspektor® NT konnten u. a. die TCP/IP-bedingten Netzlastspitzen im laufenden Anlagenbetrieb identifiziert werden.
Die Handlungsempfehlung
Basieren auf verschiedenen Test und Auswertungen wurde dem Kunden empfohlen Änderungen an seinen PROFINET-Netzwerken vorzunehmen. Neben der Berücksichtigung der PROFINET-Richtlinien beinhaltet dies die Verwendung von managed Industrial Switches.
Um planbar auf Veränderungen in seinem Netzwerk reagieren und Störungen vermeiden zu können, wurde eine permanente Netzwerküberwachung ins PROFNET-Netzwerk des E-Commerce-Unternehmens integriert.
Die Mehrwerte dieser Vorgehensweise kann man wie folgt zusammenfassen:
- Gezielte Ermittlung von Störquellen zur Steigerung der Betriebseffizienz
- Gewährleistung eines durchgängigen Anlagenbetriebs, auch während Spitzenlast-Betrieb
- Erhöhte Anlagenverfügbarkeit aufgrund verbesserter Netzwerkinfrastruktur
Netzwerkplanung nicht unterschätzen
Um netzwerkbedingte Betriebsstörungen bereits im Vorfeld zu verhindern, empfehlen wir grundsätzlich eine professionelle Planung industrieller Netzwerke (PROFINET, Industrial Ethernet, usw.). Ohne diese können bereits unscheinbare Fehler, wie falsche Linientiefe oder nicht berücksichtigter TCP/IP-Datenverkehr, die Zuverlässigkeit Ihrer Anlage beeinflussen.
Zusätzlich empfehlen wir die Installation eines permanenten Netzwerkmonitoring, wie beispielsweise mittels PROFINET INspektor® NT, zur langfristigen Sicherung der Anlagenverfügbarkeit.
Autor: Felix Beyer